Transformatorische Bildung – Folge 156 „Anthropologische Dimensionen des Reisens diskutiert an zwei Interviews“

Sofia und ich unterhalten uns über die Bedeutung des Reisens für Bildungsprozesse. Dabei beziehen wir uns auf das Interview mit Anton* und mit Ashley*. Die Lebensgeschichte von Ashley haben wir bereits in dem Podcast Folge 123 analysiert. Also Theoriereferenzen benutzen wir Wilhelm von Humboldt und Waldenfels in der Lesart von Ruprecht Mattig und Leopold Klepacki und Jörg Zirfas.

Aufsätze der Autoren sind im Sammelband: “On the beaten Track. Zur Theorie der Bildungsreise im Zeitalter des Massentourismus” (J.B. Metzler 2022) erschienen. Besonders relevant ist für unsere Analyse der Begriff der Abständigkeit.

“Ästhetische Bildung erscheint in diesem Sinne als Eröffnen von kulturellen Abständen der Wahrnehmungen, um neue sinnliche Ressourcen zu entdecken. Ästhetische Identität erscheint in diesem Sinne eher als ein kultureller Dialog, ein sinnliches Kraftfeld, ein virtueller Explorationsraum, mithin als ein Medium, das in Aus-Einandersetzung bleibt. Wir können hier von einem abständigen Ich des Reisenden sprechen, das nie ganz bei sich oder auch nicht beim Anderen oder Fremden ist. Und die Kunst der Bildungsreise liegt schließlich dementsprechend darin, diesen Schwebezustand zu ermöglichen.” (ebd. S. 112) 

Ein Podcast zum Wohnen und Reisen Folge 42 ist mit Patrick Vetter enstanden

Transformatorische Bildung – Folge 154 „Transformation und die Trias von Emotionen, Praxis und Theorie“

Paula und ich unterhalten uns über der Interview FR214, in dem es um den Prozess geht, wie man ein veganer Ernährungsweise annimmt. Dieses beziehen wir auf die Trias von Zirfas  von Emotionen, Praxis und Theorie oder Herz, Hand und Kopf (aus der Pädagogische Anthropologie). Zum Schluss gehen wir nochmal die anthropologischen Kategorien von Körper, Soziales, Zeit, Raum, Kultur, Subjekt und Grenzen durch.

„Im Abendland finden sich anthropologische Überlegungen aber auch häufig um eine Trias zentriert, die über Jahrhunderte hinweg verschiedene Ausprägungen erfahren hat. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige bedeutsame Anthropologien benannt: Bei Platon ist die Rede vom Menschen als Integral von Vernunft (Lernbegierigem), Mut (Löwenartigem) und Begehren (Schlangenartigem), Thomas von Aquin begreift ihn durch Denken, Wollen und Fühlen, während für Jan Amos Comenius Vernunft (eruditio), Selbstbeherrschung und Zivilisierung (mores) sowie Ehrfurcht und Glaube (religio) den Menschen ausmachen. Bei Immanuel Kant wird die Anthropologie durch das Erkennen, die Moral und die Hoffnung konturiert, Johann Heinrich Pestalozzi fasst den Menschen durch Herz, Hand und Kopf und bei Sigmund Freud finden wir die Dreiheit von Es (Trieb), Ich (Handlung) und Über-Ich (Normen). Kurz: Der Mensch erscheint im Okzident (in zentralen Anthropologien) als animal rationale, animal sociale und animal emotionale – als vernünftiges, praktisches und emotionales Lebewesen.“ (Zirfas. Pädagogische Anthropologie, 164 ff.)

Die anthropologischen Kategorien werden auch im letzten Podcast thematisiert. Transformatorische Bildung – Folge 153 „Anthropologische Kategorien und transformatorische Bildung in Bezug auf Erfahrungen bei den Zeugen Jehovas“

Transformatorische Bildung – Folge 150 „Ist es nicht wichtig, dass meine Kinder eine schöne Zukunft haben?“ Anrufung und Klimakrise

Frederik und ich unterhalten uns über das Interview mit Sabine* (FR235). Sie ist bei „Fridays for Future“ aktiv und versucht, ihr Leben entsprechend zu gestalten.

Hier ist eine Szene der Anrufung: Bei meinen Eltern natürlich dann (.) die Standardkommentare von (.) du bist so unterernährt ääh weil du vegan bist, weil da kann man natürlich nicht normal Nährstoffe aufnehmen. Ähm auch so Sachen wie du kannst nicht auf Demos gehen, das is Quatsch äh das is gefährlich ääh vor allem in der Pandemie geht das nicht. Das bringt alles nichts, du setzt dich für falsche Sachen ein und äh sowas (.) also von meiner Familie aus jetzt.  (Z. 153 – 158)

Transformatorische Bildung – Folge 146 „Anrufung eines Menschen mit Essstörung“

Marie und ich unterhalten uns über ein narratives Interview (FR186), in dem die interviewte Personen Marie* ihren Weg aus einer Essstörung/Magersucht beschreibt. Als theoretische Grundlage dient uns das Konzept der Anrufung von Butler.

„Es stellt sich die Frage, ob Sprache uns verletzen könnte, wenn wir nicht in einem bestimmten Sinne »sprachliche Wesen« wären, die der Sprache bedürfen, um zu sein“ (Butler 2016, S. 9).
„Äm und die hat ganz klar zu mir gesagt (.) dein Gewicht, was du jetzt hast, ist eigentlich äm das Gewicht- du müsstest eigentlich in ne Klinik. Es ist viel zu wenig. Du bist viel zu ja äm (.) abgemagert? sozusagen. Ist irgendwie so ein doofes Wort (.) äm und äm (2) ja äm (.)“ (FR186, Z. 206-209).

Information und ein Beratungstelefon gibt es beim Bundesministerium für Gesundheit.

Einen weiteren Podcast von mir zu dem Thema Magersucht gibt es hier: Transformatorische Bildung – Folge 142 „Magersucht und die Wahrnehmung des eigenen Körpers“

Marie empfiehlt besonders folgenden Text von Koller und Rose zu Butler:

Rose, Nadine & Koller, Hans-Christoph (2012): Interpellation – Diskurs – Performativität. Sprachtheoretische Konzepte im Werk Judith Butlers und ihre bildungstheoretischen Implikationen. In: Ricken, Norbert & Balzer, Nicole (Hrsg.): Judith Butler: Pädagogische Lektüren. Wiesbaden: Springer (S. 75-94).

Transformatorische Bildung – Folge 133 “Ich glaub, das war halt ein Wendepunkt … Veränderungen durch die Klimakrise“

Jana und ich unterhalten uns über Wendepunkt in der Auseinandersetzung mit der Klimakrise. Wir besprechen das Interview mit Maria (FR291) und das Interview Ashley (KL004). Zu diesem Interview ist schon ein Podcast entstanden (Folge 123).

Siehe auch:

Folge 132 “Eine Erfahrung mit Zwangsumsiedlungen“
Folge 131 “Der unabwendbare Klimawandel?“
Folge 130 “Klimaverträgliche Lebensweisen”
Folge 123 “Von Afrika bis Europa” Erzählung der Klimakrise
Folge 121 “Habitustransformation am Beispiel eines Unverpacktladens“
Krise und Bildung – Folge 003 “Die imperiale Lebensweise”

Transformatorische Bildung – Folge 132 “Transformation und Klimakrise: Eine Erfahrung mit Zwangsumsiedlungen“

Im dieser Podcastfolge diskutiere ich mit Maria, inwieweit die Klimakrise sich auf das Leben der Gesellschaft in Deutschland auswirkt (Fr274). Im Fokus stehen Zwangsumsiedlungen als Folge der übermäßigen Nutzung des fossilen Energieträgers Kohle. Zur Diskussion ziehen wir das Interview mit „Paula“ heran, die sich in einer solchen Lage befand.

Siehe auch:
Folge 131 “Der unabwendbare Klimawandel?“
Folge 130 “Klimaverträgliche Lebensweisen”
Folge 123 “Von Afrika bis Europa” Erzählung der Klimakrise
Folge 121 “Habitustransformation am Beispiel eines Unverpacktladens“
Krise und Bildung – Folge 003 “Die imperiale Lebensweise”

Transformatorische Bildung – Folge 130 “Klimaverträgliche Lebensweisen”

Jeremias und ich unterhalten uns über seine Bachelorarbeit zum Thema: „Über die Anlässe aktiven Engagements hinsichtlich der Umsetzung von klimaverträglichen Lebensweisen„. (Publiziert über KUPS – Kölner UniversitätsPublikationsServer)

In seiner Bachelorarbeit beschreibt der Autor die gesellschaftlichen Herausforderungen des Klimawandels. Dabei stellt er die aktuell hoch relevante Frage, wann sich Subjekte verändern: „Wie ein solcher Transformationsprozess bei Individuen ausgelöst wird und welche Anlässe en Prozess initiieren, dieser Frage widmet sich diese Arbeit …” (S. 1–2)

Er analysiert die zentralen Veränderungen innerhalb der Theorie der transformatorischen Bildung. Dabei fokussiert er auf den Übergang von einem informationstheoretischen Ansatz zu einem stärker sprachwissenschaftlichen Ansatz, der die Analyse von Figuren des Welt- und Selbstverhältnisses in den Mittelpunkt stellt. Im Hintergrund steht dabei das Problem, dass allein eine kognitive Einsicht in eine Krise nicht zwangsläufig zu Veränderungen der Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster führt.

Im Kontrast zu Koller mit seiner Fokussierung auf Krisen stellt er dann die Theorie des spontanen Handelns nach Nohl vor, bei der der Auslöser für Bildungsprozesse weit weniger gravierend angelegt ist. Diese Rekonstruktionen unter Einbeziehung von Dewey sind durchweg gelungen. Der Abschnitt zu Bourdieu thematisiert die zentrale Frage nach der Möglichkeit von Habitustransformationen im Anschluss an Rosenberg.

Im analytischen Teil wertet der Autor drei narrative Interviews aus. Diese sind durchweg spannend und ertragreich. Besonders die Orientierung des methodischen Vorgehens nach Kuckartz ist sehr gut gelungen. Dies ermöglicht es ihm, am Ende die Frage nach dem Anlass von Bildungsprozessen herauszuarbeiten. Dieser ist, wie immer, wenn man sich mit Empirie beschäftigt, nicht eindeutig: „Hinsichtlich der Fragestellung, welche Anlässe Personen dazu bewegen, sich aktiv für Nachhaltigkeit und umweltbewusstes Handeln zu engagieren, lässt sich aus der Empirie zusammenfassend feststellen, dass vor allem unreflektierte und fast beiläufige spontane Handlungen einen solchen Bildungsprozess initiieren können. Nichtsdestotrotz zeigt sich, dass auch krisenhafte Erfahrungen, zumindest im Kontext von Relevanzverschiebungen, zu einem Bildungsprozess beitragen können.” (S. 32)

Die Arbeit enthält wichtige Anregungen. So bleibt die Frage nach dem Anlass von Transformationsprozessen weiterhin ungeklärt. Krisen können ein möglicher Motor für Veränderungen sein, aber es gibt darüber hinaus weitere Anlässe, die Bildungsprozesse einleiten können. Dies konnte in der Arbeit aufgezeigt werden. Die weitere Forschung an diesem Thema wird hier sicherlich noch vieles ans Tageslicht bringen. So stellt sich die Frage, ob neben Krisen nicht auch Identifikationen, Neugier, Anerkennung oder Verliebtheit zur Infragestellung der eigenen Identität führen kann.

Bis dahin kann jeder in die Arbeit reinschauen. Die Bachelorarbeit ist als Open Access auf dem Kölner UniversitätsPublikationsServer (KUPS) öffentlich einsehbar.

Als Literatur gehen wir ein auf:
Koller, Hans-Christoph (2018): Bildung anders denken. Einführung in die Theorie transformatorischer Bildungsprozesse. Stuttgart: Kohlhammer.

und

Nohl, Arnd-Michael (2006). Bildung und Spontaneität – Phasen von Wandlungsprozessen in drei Lebensaltern. Opladen: Barbara Budrich.

Weiterer Podcast, in dem wir Interviews zur Klimakrise analysieren.
Folge 123 “Von Afrika bis Europa” – Erzählung der Klimakrise

Transformatorische Bildung – Folge 127 “Coronabewältigung bei Kindern und Jugendlichen”

Mimi und ich besprechen mögliche Strategien der Coronabewältigung bei Kindern und Jugendlichen.

Das positive Fazit lautet:
“So finden die Schüler*innen in allen vier Fällen einen produktiven Umgang mit der Situation, und zwar unabhängig von der ökonomischen Ausgangslage. Vielmehr scheint die soziale Situation vor allem in der Familie ausschlaggebend für den Umgang mit der Krise zu sein: Diese Unterstützung ist der Analyse unterzogen worden aufgrund der Annahme, bildungsferne Familien könnten ihren Kindern bei den Hausaufgaben nicht helfen und würden gar nachlässiger in der pandemischen Zeit verfahren – Nachlässigkeit, die in der soziologischen Forschung auf der Basis der ökonomischen und kulturellen Knappheit sowie des Migrationshintergrund unterstellt wird. Die Analyse zeigt bei den ökonomisch schwächeren und bildungsfernen Familien eine Konvertierung der Kapitalformen als Bewältigungsstrategie. Durch den Besitz von sozialem Kapital ist es den Eltern möglich, dieses Gut in kulturelles Kapital umzuwandeln, weil sie die Bereitschaft haben, selbst tätig zu werden und ältere Kinder oder Familienmitglieder bei der Unterstützung der Hausaufgaben von jüngeren Kindern einzubeziehen.” (Mehana, S. 42)

Transformatorische Bildung – Folge 125 “Erfahrungen in der Inklusion”

In diesem Podcast unterhalte ich mich mit Franziska über das Interview mit „Heiko“ zu den Erfahrungen in der Inklusion.

Transformatorische Bildung – Folge 123 “Von Afrika bis Europa” Erzählung der Klimakrise

Ina und ich unterhalten uns über ein Interview (KL004) zur Klimakrise. Dabei geben wir auf Ricœur und Waldenfels ein.